HEFT 5/2024
Der Merkurstab | September/Oktober 2024 | 18,00 Euro (inkl. Mwst., zzgl. Versandkosten)
| Artikel | Das Rätsel Autismus: Versuch einer Bestandsaufnahme The enigma of autism: an attempt to take stock |
| Autor | Karl-Reinhard Kummer |
| Seiten | 331-343 |
| Volume | 77 |
Zusammenfassung
In dieser Arbeit wird versucht, oft aus einer Binnensicht, das
Wesen des Autismus zu verstehen von der ungenügenden
Fähigkeit her, zu einer begrifflichen Verarbeitung von Wahrnehmungen und Gefühlen zu kommen. So entsteht ein unzureichendes Weltbild ohne Orientierung und ohne sichere Vorstellung
und Empfindung des eigenen Selbst, eine Form von
Zwischenexistenz. Die fehlende sprachliche Begriffsbildung und
die fehlende Orientierung in der Zeit spielen dabei eine zentrale
Rolle. Zugleich bestehen eine Hypersensibilität und Verletzbarkeit
gegen alle Eindrücke der Umwelt. Auch der unmittelbare
Kontakt von Mensch zu Mensch kann oft nicht ertragen werden.
Sozial entstehen hierdurch Missverständnisse. Ein Rückzug
auf die Wahrnehmung des eigenen Leibes und Isolation sind
die Folge. Es kommt zu einem Handeln in der Starre oder der
Hyperreaktion, im Extremfall zum sog. Meltdown.
Der Artikel betrachtet auch organische Umstände: frühkindliche
Schädigungen, eine Veränderung in der Darm-Hirn-Achse und
den Strukturen des limbischen Systems oder chronische Entzündungen
in der Mikroglia des Gehirns.
Viele Erscheinungen autistischer Menschen können bereits als
Lösungsversuch angesehen werden: Rückzug, Selbststimulation,
Autoaggression, das repetitive sowie das herausfordernde Verhalten,
auch atypische Formen der Kommunikation. Notwendig
für autistische Menschen ist Sicherheit, gewonnen durch Klarheit
und gute Gewohnheiten, vor allem durch die verstehende
Begleitung und das Respektieren des Andersseins autistischer
Menschen.
Abstract
This work attempts, often from an internal perspective, to understand
the nature of autism from the insufficient ability to come
to a conceptual processing of perceptions and feelings. This
results in an inadequate view of the world without orientation
and without a secure idea and feeling of one’s own self, a form
of intermediate existence. The lack of linguistic conceptualisation
and the lack of orientation in time play a central role in this.
At the same time, there is a hypersensitivity and vulnerability to
all impressions of the environment. Even direct contact from person
to person is often unbearable. This leads to social misunderstandings.
The result is a withdrawal into the perception of one’s
own body and isolation. This leads to acting in rigidity or hyperreaction,
in extreme cases to a so-called meltdown.
The article also looks at organic circumstances: early childhood
damage, a change in the gut-brain axis and the structures of the
limbic system or chronic inflammation in the microglia of the
brain.
Many manifestations of autistic people can already be seen as
an attempt to find a solution: Withdrawal, self-stimulation, autoaggression,
the repetitive as well as the challenging behaviour,
also atypical forms of communication. What autistic people need
is security, gained through clarity and good habits, above all
through understanding support and respect for autistic people’s
differences.
